1. Treffen mit Bischof Mikha Pola Maqdassi, Diözesanbischof des chaldäischen Bistums Alquoch

Bischof Mikha begrüßt die Delegation sehr freundlich, besonders Khairi Bozani, der aus dem Nach-bardorf Bozan stammt und den er seit Kindertagen kennt. Er betont die große und gute Freundschaft und brüderliche Verbundenheit zwischen Christen und Eziden. Es habe nie Probleme zwischen Christen und Eziden gegeben, im Gegenteil man feiere gemeinsame Feste.
Bischof Mikha hat 4 Jahre in Mosul studiert und ist seit 1973 Priester, 2001 ernannte ihn Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Alqosh. Er hatte jahrelang intensive Kontakte zu „Kirche in Not“.
Bischof Mikha bezeichnet die Lage im Gebiet von Alqosh als recht sicher, es sei zwar Grenzgebiet zu Mosul, aber dank der guten Bewachung durch die kurdische Peschmerga friedlich – sein Bischofs-sitz, der von der kurdischen Regierung großzügig neu gebaut wurde, sei umgeben von bewaffneten Männern. Er könne überallhin reisen – außer nach Mosul.
Über Politik will er nicht sprechen, er sei ganz Mann der Kirche und sehe seine Aufgabe vor allem darin Seelsorge zu treiben, die Menschen spirituell zu unterstützen und Fürsorge für die Armen zu leisten, egal welcher Religionszugehörigkeit. „Man tut, was man kann, mehr geht nicht“. Für ihn ist Alqosh das Paradies und er bittet die CEG inständig darum, Hilfe zu leisten bei der Verhinderung weiterer Auswanderung und nicht die Emigration nach Europa zu unterstützen.
Anschließend führt Bischof Mikha die Delegation durch Alqosh, vorbei an der Georgskirche zum Schrein des Propheten Nahum. Der Schrein befindet sich in einer ehemals jüdischen Synagoge, die seit dem Weggang der Juden 1948 verfällt, weil keine Gelder zur Erhaltung da sind. Nach einer herzlichen Verabschiedung geht die Fahrt zunächst zum in den Bergen von Alqosh gelegenen Hormizd-Kloster.
Das Kloster Rabban Hormizd mit seinem weiten Blick über die Niniveh-Ebene war und ist eine bedeutende monastische Einrichtung der ostsyrischen „Kirche des Ostens“ bzw. später und heute der Chaldäisch-Katholischen Kirche. Es liegt etwa drei Kilometer nordöstlich von Alqosh am Hange des Gebirges. Von Mitte des 16. Jh. bis 1804 war das Kloster offizielle Residenz des ostsyrischen Katholikos-Patriarchen von Seleukeia-Ktesiphon. Mehrere Gräber und Grabschriften der Patriarchen sind erhalten.

2. Besuch des Ältestenrates des ezidischen Dorfes Bozan

Die Delegation wird aufs freundlichste im Versammlungshaus des Dorfes Bozan begrüßt und erfährt einiges über die Lebensbedingungen vor Ort.
Bozan hat etwa 800 Einwohner und ist Mosul unterstellt, gehört damit formal zum Irak, erhält aber keine finanzielle Unterstützung für den Erhalt oder die Entwicklung des Dorfes. Durch diese Situation ist vieles rückständig und ärmlich. Die Eziden finden darüber hinaus in Mosul keine Arbeit, es gibt an der Universität keine Möglichkeit zu studieren und es ist ihnen nicht erlaubt, ihre traditionelle Kleidung zu tragen. Die Situation sei zwar zurzeit recht sicher, da die Peschmerga für Sicherheit sorge, aber 40 km weiter in Mosul herrsche der Terror. Durch die fehlenden Zukunftschancen und die allgemein unsichere Situation käme es zu großer Emigration nach Deutschland. Deutschland habe in den Dörfern der Eziden einen guten Klang und die Deutschen seien hoch geschätzt und willkommen aufgrund ihrer demokratischen Lebensweise und Ezidenfreundlichkeit.

3. Treffen mit dem Mir Tahsin Saied Beg, dem weltlichen Oberhaupt der Eziden

Die Delegation wird neben Mir Tahsin Beg von einigen hohen Würdenträgern und einer Gruppe von etwa 30 ezidischen Studenten begrüßt. Der Mir betont, wie gut es sei, Freunde im Ausland zu haben, die ein waches Auge auf die Situation der Eziden hätten. Er äußert den Wunsch, dass die Christen in Deutschland ihre Beziehung zu den Eziden ausbauen und verweist auf IO als den Mann seines Vertrauens in der BRD. Da der Mir gesundheitlich nicht wohlauf ist, lädt er die Delegation zwar zum Essen nach Lalish ein, begleitet sie aber nicht. Sein Sohn, Hazim begleitet die Delegation nach Lalisch. Auf den Vorschlag, dass die CEG sich um Stipendien bemühen werde und eine Foto-Ausstellung über das Leben der Eziden in der BRD und im Nordirak vorzubereiten gedenke, reagiert der Mir neutral. Er habe bei seinem Amerika-Aufenthalt 2008 festgestellt, dass von dort zwar viele Gelder in den Irak geflossen seien, aber nur an Christen, das habe zu Neid und Missgunst geführt. Einsatz jedweder Art müsse für alle Minderheiten gelten, also für Eziden, Christen, Sabäer …

4. Besuch beim Baba Sheikh Khato

Baba Sheikh dankt für die gute Aufnahme der Eziden in Deutschland.
Er betrachte die Deutschen als Freunde, als Familie.

5. Besuch des Zentralheiligtums in Lalish

Die Begrüßung geschieht durch Baba Tschawisch, Mitglieder des Religionsrates und Prinz Hazim.
Besonders wird die Wertschätzung, die die Eziden von Deutschland erfahren, hervorgehoben, so habe etwa der neue Generalkonsul der BRD sofort nach Amtsantritt schon den Mir besucht, allein die Tatsache, dass Visa nicht einfach zu bekommen seien, trübe das Bild etwas, so Prinz Hazim. Schließlich wird eigens betont, dass IO in besonderer Weise das Vertrauen des ezidischen Religionsrates genießt.
Nach einem eigens für die Gäste zubereiteten und im Stehen eingenommenen Mahl wird die Delegation durch das Heiligtum und seine besonderen Schätze geführt.

„Den Jesiden gilt Lalisch als der heiligste Ort auf Erden. Es existieren hier zwei heilige Quellen, die "Weiße Quelle" (Kanîya Sipî) und die "Zamzam-Quelle" (Kanîya Zemzem), die mit der Zamzam-Quelle in Mekka in Verbindung stehen soll. Wichtigstes Heiligtum ist die Grabstätte von Scheich Adi ibn Musafir, dem bedeutendsten Heiligen der Jesiden. Über ihr erheben sich zwei große Qubbas, die von weither zu sehen sind. Vor dem Heiligtum Scheich Adis befindet sich der soge-nannte "Markt der Erkenntnis" (Sûqa Meʿrifetê), ein großer Platz, an dem sich die Pilger während der Feste aufhalten und feiern. Am unteren Ende des Lalisch-Tales befindet sich die Silat-Brücke (Pira Silat). Sie trennt den heiligen vom profanen Bereich. Der heilige Bereich darf ausschließlich barfuß betreten werden. Aus Lalisch bringen die Jesiden geweihte Erde mit, die mit dem heiligen Wasser der Zamzam-Quelle zu festen Kügelchen geformt wird. Sie gelten als „heilige Steine“ (Sing. berat) und spielen bei vielen religiösen Zeremonien eine wichtige Rolle (http://de.wikipedia.org/wiki/Lalisch).

6. Besuch des Lalish Cultural and Social Center in Duhok
Shekh Shamo Shekho (www.lalishduhok.org) als Vorsitzender des Lalish Center führt in Geschichte und Bedeutung dieses Wissenschaftszentrums der Eziden ein. Schon 1993 von Eziden gegründet, um für die Freiheit und Bewahrung der ezidischen Kultur zu sorgen, habe das Zentrum sich unter dem Regime Saddam Husseins zunächst nicht entfalten können, denn der Einsatz für Demokratie gehöre zum Grundfundament des Zentrums. Heute gebe es 38 Unterorganisationen in verschiedensten ezidischen Regionen mit 6700 Mitgliedern. Das Zentrum gebe 8 Zeitschriften heraus und unterhalte ein reichhaltiges Archiv über Geschichte und Leben der Eziden. Daher kom-me dem Zentrum eine tragende Rolle bei der Darstellung und Aufarbeitung der Genozide zu. Das Zentrum verstehe sich als Teil des demokratischen Prozesses in der Region und spiele für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionen eine wichtige Rolle. Ein weiteres Ziel sei auch, die ezidische Religion auf einer wissenschaftlichen Ebene darzustellen. Es gebe nur eine rote Linie, die nicht überschritten werden dürfe und das sei der Respekt vor dem Mir und dem Religionsrat der Eziden.
Die Erwartung an die CEG ist einerseits der wachsame Blick auf ungerechten Umgang mit Minderheiten im Irak und andererseits ein wertschätzender und unterstützender Umgang mit der Aufarbeitung der ezidischen Kultur, wie sie in Kurdistan selbst - vor allem auch vom Zentrum - geleistet wird. Es entstehe oft ein falsches Bild der Eziden, wenn vermeintliche Forscher vorschnell etwas im Internet veröffentlichten und dies von deutschen Wissenschaftlern kritiklos übernommen werde, man fürchte inadäquates, nicht sachgerechtes Umgehen von außen. Das Zentrum verfüge über echte alte Quellen und Texte, die in Pir- und Sheikh-Familien von Generation zu Generation weitergegeben und teils dem Zentrum zur Verfügung gestellt würden. Hier bestehe aber ein leicht zu zerstörendes Vertrauensverhältnis und es bedürfe Fingerspitzengefühl, um die Texte zu erhalten. Bisher seien 3 Pir-Familien überzeugt worden.
LH und MK verweisen auf die in der politischen Lage dringliche Möglichkeit, diese alten Texte zu digitalisieren. Man habe dann auch das Argument gegenüber den Familien, dass ihnen ihr Besitz nicht genommen, sondern er in digitalisierter Form bewahrt werde.
Die Mitarbeiter des Zentrums sagen Mithilfe bei der Erstellung einer Eziden-Bibliothek der Universi-tät in Gießen und auch die Unterstützung bei möglichen Doktorarbeiten zu.

7. Abendessen mit Dr. Dawood S. Atrushi, dem Vizepräsidenten der Universität in Dohuk

Neben dem Vizepräsidenten Dr. Dawood Atrushi nehmen auch Behzad Ali Adam, der Vizegouverneur der Provinz Duhok, und Landwirtschaftsminister a.D., Jamil am Abendessen teil.
LH überbringt die Grüße des Universitätspräsidenten aus Gießen und dessen Interesse an einer allgemeinen Kooperation. Es bestehe ja bereits eine Verbindung zur THM (Technische Hochschule Mittelhessen). Das Interesse der CEG als NGO beziehe sich zum einen auf die Lebenssituation und die Möglichkeiten der Eziden in Irakisch-Kurdistan, zum anderen bestünde der Wunsch, die ezidischen Schriften zu bewahren und zusammenzustellen. Erforschung der Sprache sei auch Erforschung der Geschichte, insofern gehöre das Ezidentum in den wissenschaftlichen Bereich.
Dr. Dawood Atrushi verweist auf bereits bestehende reichhaltige Kontakte der Universität Duhok nach Deutschland, es gebe viele Kooperationen. Man könne gerne über einen Austausch im Rahmen des DAAD nachdenken.
An der Universität Duhok seien viele Religionen und Nationalitäten zu finden, „religion is no border between people in Kurdistan, difficulties are getting less and less“. Es gebe hier eine “faculty of humanities, but no religious studies“, das Priesterkolleg sei nach Erbil umgezogen.
Es sei ein Zentrum für Eziden an der Universität geplant gewesen („yesidi studies“), nun denke man über ein „master programm for religious studies“ nach, dies sei dann aber nicht nur für Eziden.