Im Vorfeld eines Symposions über das Thema „Ezidentum - Vom Oralen zum Schriftlichen“, das Professor Linus Hauser vom Institut für katholische Theologie an der Gießener Justus-Liebig-Universität zusammen mit der Christlich-Ezidischen Gesellschaft für Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft ausrichtet, hat der ezidische Kronprinz Mir Hazim Thasim Beg zusammen mit Khairi Bozani, dem Director-General (Staatssekretär) für ezidische Angelegenheiten der Autonomen Region Kurdistan im Irak vergangene Woche Gießen besucht. Anwesend war unter anderem auch Irfan Ortac M.A., der Gemeinderatsvorsitzende der Ezidischen Gemeinde Hessen und Dr. Gerhard Noeske, Kreistagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender der CDU Wettenberg sowie Vize-Vorsitzender des Suryoye-Deutscher Vereins Gießen.

Bei einem Essen im Gießener Schlosskeller betonte Hauser, dass es wichtig sei, einen wissenschaftlichen und zugleich menschenrechtlichen Blick auf die nicht-muslimischen religiösen Gruppierungen des Nahen und Mittleren Ostens zu werfen. In einer Zeit, in der in Deutschland das Thema Islam und Integration auf der öffentlichen Tagesordnung stehe, müsse gleichsam antizyklisch auf die kleinen Religionsgemeinschaften aufmerksam gemacht werden, die zum Teil seit Jahrhunderten von Gewalt und Ausrottung bedroht seien. Gerade die Eziden, für die etwa die Gleichberechtigung der Frau selbstverständlich sei, erwiesen sich dabei oftmals als ein auch politisch bemerkenswertes Beispiel gelungener Integration. Es sei nicht selten der Fall, dass in der älteren Generation Analphabetismus herrsche und die Töchter und Söhne berufliche Positionen als Amtsrichter, leitende Betriebswirt oder Studienrat seien.

Deshalb freue sich Professor Hauser, dass nicht nur seitens des Prinzen Hazim, sondern auch seitens des Staatssekretärs Bozani von der kurdischen Regionalregierung eine herzliche Einladung in den kurdischen Teil des Irak ausgesprochen worden sei. Bei diesem Besuch könne man den ezidischen Gemeinden und nicht zuletzt der irakischen Administration vertieft deutlich machen, dass das religionspolitisch interessierte Deutschland um ihre Sicherheit besorgt sei und „hinsehe“.

In seinem langen Statement betonte der Staatssekretär ebenfalls, dass es für die Situation der Eziden im Nahen und Mittleren Osten sehr wichtig sei, „gesehen“ zu werden. Es gebe ein Sprichwort unter den in fast versteckt liegenden, abgelegenen Dörfern lebenden Eziden, dass man die Schlupfwinkel offerierenden Bergen als ihre Freunde ansehen müsse. Er hoffe hingegen, dass bald auch ein friedliches Zusammenleben in den Tälern geben könne.

Das Treffen im „Gießen-Tal“ ist so als eine zukunftsweisende Begegnung aufzufassen, die sich im Herbst im ezidischen Heiligtum von Lalisch im irakischen Teil Kurdistans bei einem Besuch des geistlichen Oberhauptes der Eziden fortsetzen wird.

Link: http://www.giessener-anzeiger.de/lokales/stadt-giessen/nachrichten/12230686.html